21.05.2012

Den rechten Ellbogen strecken

Thomas Zacharias ©

Zum Richtigen Schlagen gehört, wie im ersten Buch auch schon beschrieben, dass der linke Arm von der Brust abgespreizt werden muss, damit die Hände zum Ziel geschwungen werden können. Bleibt der linke Arm nämlich vor der Brust angelegt, dann dreht der ganze Schultergürtel zu viel, sodass die linke Schulter zu früh hochdreht und den Schläger vom Ball wegzieht. Die dadurch entstehenden getopten oder dünnen Fehltreffer kann man nur vermeiden, indem man gleichzeitig in die Knie geht. Perfekt macht uns dies der Superprofi Jim Furyk (im Foto links) vor. Ein normal begabter Spieler ist mit dieser Kompensationstechnik allerdings total überfordert. 



Um nun die Hände kräftig in Richtung Ziel durchschwingen zu können, muss man nicht das Becken und den Rumpf tüchtig drehen (Pivot) sondern die Arme von der Brust weg zum Ziel führen, und dies geschieht durch zwei wichtige Muskeln:
Links der Deltamuskel und rechts der Trizeps.
(Da die Arme im Durchschwung die Drehbewegung des Rumpfes überholen müssen, ist die richtige Armarbeit umso schwerer, je schneller der Pivot.)

- Der Deltamuskel sitzt genau auf dem Schultergelenk, umschließt es quasi, hat seinen Ursprung oben am Schulterblatt und seinen Ansatz am Oberarmknochen. Wenn er kontrahiert, hebt er den hängenden Arm zur Seite, verstärkt also die Pendelbewegung des linken Armes von rechts nach links.
Der linke Trizeps arbeitet mit, denn er streckt nicht nur den Ellbogen, sondern zieht ebenfalls so am Oberarm, dass dieser um das Schultergelenk herum rotiert.

- Der rechte Trizeps unterstützt den Durchschwung des linken Armes und der Hände, indem er den rechten Ellbogen zum Treffmoment hin streckt (wenn auch nicht vollständig) und dadurch die Hände und den linken Arm zum Ziel hin schiebt.

Wenn dabei das rechte Handgelenk nicht von seiner eigenen Arbeit abgelenkt wird und sich an der richtigen Stelle beugt und streckt, dann ist bei stabil gehaltenem Körper (Sockel) alles für einen Richtigen Schlag getan. (Seine Steuerung hängt dagegen davon ab, dass man den Schläger  nahe der richtigen Ebene bewegt, richtig gegriffen hat und die Handgelenke nicht verdreht oder verkippt.)

Versuchen Sie, mit dem rechten Ellbogen die Hände also zum Ziel zu schieben und lassen Sie dabei das rechte Handgelenk zurückgebeugt. Sie werden sicher immer weniger dünne und fette Schläge machen und den Ball mit weniger Mühe dennoch weiter schlagen als je zuvor. Auch weil beim Strecken des Ellbogens (anatomisch) der Golfermuskel gedehnt, also seine Leistung gesteigert wird.

Alle guten Spieler und Lehrer machen das. Aber es ist ihnen genau so unbewusst wie das Verhalten ihrer Hände und das Erzeugen von Lag. Wenn man sie darauf anspricht, sind sie verwirrt. Wenn sie es ausprobieren, treffen sie den Ball nicht mehr und sagen, das ist falsch. Also werden sie es auch niemandem beibringen. Und schon sitzen alle ihre Schüler in der Patsche.

Zum ersten Mal wurde ich durch den Münchner Golfprofessional und Sportwissenschaftler Christian Neumeyer auf diesen Vorgang aufmerksam. Leider erst, als mein erstes Buch schon fertig war. Ich kam damals ganz gut damit zurecht, nur den linken Deltamuskel einzusetzen. Und ich habe wahrscheinlich unbewusst den rechten Ellbogen auch schon aktiv gestreckt. Aber heute weiß ich:

1. Der Deltamuskel ist allein zu schwach für diese Aufgabe. Und: Die Kraft auf der linken Körperseite entfalten zu wollen, ist mit Ziehen und Drehen verbunden, erzeugt also eine Tendenz zum Wandern, Kippen, Schieben und Pivotieren, allesamt Fehlerquellen.
2. Wenn man den rechten Ellbogen streckt, werden die Hände über den Ball hinweg zum Ziel geschoben, und gleichzeitig wird die rechte Schulter nach hinten gedrückt, also daran gehindert, übermäßig nach vorn zu drängeln und das Pivotieren zu unterstützen.

Wenn Ihr Golflehrer Ihnen von all dem noch nichts erzählt hat, wundern Sie sich nicht. Er kann das alles nicht verstehen, weil er es nicht nacherleben kann. Auch nach drei Jahren Ausbildung und 20 Jahren Berufserfahrung nicht. Er spielt einfach schon zu lange zu gut Golf. Er schlägt längst schon viel zu richtig, um zu erkennen, was er selber kann und macht. Also weiß er auch nicht, was er seinen Schülern sagen müsste, damit sie es erlernen. Haben Sie Mitleid, wenn er an Ihnen verzweifelt.
Zahlen Sie ihn aus und entwickeln Sie Ihre eigene Golf-Intelligenz.