Thomas Zacharias ©
Vor wenigen Monaten war ich noch ein Rest von Athlet. Und da fiel es mir nicht weiter auf, dass RS2 einiges mehr an Körperkraft erfordert als RS1. Jetzt bin ich in den letzten Wochen anscheinend um einiges gealtert und habe gleichzeitig versäumt, mir hinreichend Erholung zwischen den Trainingssitzungen zu verordnen. Und schon merke ich, wie ich immer schwächer werde, und mein Schwung schwach wird und verkrampft.
Ich bin daraufhin
dem Verdacht nachgegangen, dass mein neues Konzept oder Rezept (RS2 =
mit gebeugt-versteiften Handgelenken durchzuschwingen) anstrengender
ist als das Abschwingen mit sich gleichzeitig beugenden Handgelenken
(RS1). Bei erstgenanntem Vorgehen muss man den Schläger gleich beim
Umschwingen mitnehmen, weil die HG ja schon voll gebeugt sind. Und
während des Abschwungs "will" der Schläger "natürlich"
zurückbleiben, kann es aber aus genanntem Grunde nicht. Und so
bildet er zum Schwung der Arme einen ziemlich arg spürbaren
Widerstand. Was den heutigen Kraftprotzen auf der Tour offensichtlich
nichts ausmacht.
Dieser Widerstand muss dann von den Muskeln in
Beinen, Rumpf und Schultern überwunden werden, und das ist lange
nicht so mühelos, wie wenn der Schläger während des Abschwungs
erst einmal zurückbleibt weil das Händeglenk nicht schon beim
Ausholen zurückgebeugt worden ist, sondern erst nach dem Umschwung
gebeugt wird. Dieses Manöver führt wiederum dazu, dass der Schläger
ganz aus der Dynamik, also der Krafterfordernis herausfällt. Er
verschwindet sozusagen aus der dynamischen Kette und taucht erst
wieder auf, wenn er kurz vor dem Impakt mit dem Ball um das HG herum
schleudert und dabei von Händen und Golfermuskeln zum Ball und zum
Ziel hin beschleunigt wird. Dadurch entsteht die Möglichkeit zu
einem mühelos anmutenden, eleganten Schwung, wo die heutigen Cracks
ruck-zuck einfach draufdreschen.
Allerdings hat mir der Exkurs
über RS2 zwei Verbesserungen gebracht:
Meine Körperarbeit und
somit vor allem mein Armschwung sind sicherer und kraftvoller
geworden. Und meine Hände sind sensibler geworden für die
Bewegungen des Schlägers, können also dessen Weg besser steuern und
seine Beschleunigung besser timen. Obwohl ich also den Schläger beim
Abschwng der Arme zurücklasse, geschieht dies doch nicht locker und
dadurch übertrieben, sondern kontrolliert, also mit Spannung und
Kontrolle in den Unterarmen. Und dadurch sind Führung und
Schlagkraft besser. Mein erklärtes Ziel, den Schlägerkopf nicht nur
hoch zu beschleunigen sondern auch unter Druck an den Ball zu
bringen, lässt sich damit also durchaus auch erreichen.
Ich weiß, ich kapriziere mich seit Jahren auf diese Aspekte der Bewegungskette, dieser besonderen Schlangenbewegung beim Golfschlag und sage wenig zu all den kleinen Fehlern die man unterlassen muss und den hilfreichen Details, denen man sich beim Studium widmen kann. Aber ich stehe dazu, weil ich einen starken Hang, ja Drang dazu habe, nach dem wirklich Wesentlichen zu suchen und es in den Vordergrund zu stellen.
Aber bitte! Hier ein solcher Nebenaspekt:
Wer glaubt es
ginge beim Golfschlag auch darum, die Körpermasse und das Becken
(Hüften) irgendwann (möglichst beim Abschwung) zum Ziel hin zu
verschieben, der könnte (unbewusst) meinen, dies würde dadurch
bewerkstelligt, dass das rechte Knie gestreckt wird. Dadurch steigt
aber die rechte Hüfte und der Rumpf könnte zum Ziel hin kippen
(umfallen). Und dies wiederum hebt die rechte Schulter, die
eigentlich zurückbleiben und nach unten streben müsste. Kurz: Die
Gesamtstruktur der Körperhaltung und Körperbewegung gerät
durcheinander. Hier könnte bei manchem Spieler eine unerkannte
Ursache für diverse Fehlschläge stecken, weil es zu Verwirrung und
Verirrung führen kann. Die Gewichtsverlagerung ist keinesfalls so
simpel wie sie immer hingestellt wird, denn wenn das Gewicht erst
einmal auf rechts gelagert ist, dann ist es nur schwer wieder nach
links zu bringen. Und dann muss es von dort ja auch noch wieder zur
Mitte gebracht oder auf links im Gleichgewicht gehalten werden.
Hierzu ist eine Beinarbeit fällig, die nur schwer mit der
Aufgabe zu verbinden ist, das Becken nach rechts zu kippen, ohne
dass der Rumpf mitkippt. Entweder man schiebt also das Becken
nach links oder man kippt es nach rechts. Diese Kippbewegung ist viel
leichter zu bewerkstelligen, wenn man das Gewicht still in der Mitte
zwischen den beiden Hüften hält und mit der abwechselnden Beugung
zunächst des linken und dann des rechten Knies arbeitet. Also beim
Ausholen das linke Knie Beugen und nach rechts Eindrehen und beim
Abschwung, das rechte Knie Beugen und nach links Eindrehen. Könner
machen oft beides: Verschieben und Kippen, was in der Kombination das
Schwierigste ist.
Das Kippen hat seinen Sinn in der Stellung der
Wirbelsäule, die ja beim Impakt nach rechts geneigt sein muss, damit
die rechte Schulter tiefer steht als die linke (weil ja auch die
rechte Hand tiefer liegt als die linke). Und bis vor Kurzem erschien
mir all dies viel zu kompliziert und vor allem erlässlich. Ich
wollte die einfachstmögliche Bewegung "erfinden", damit
ich so wenig wie möglich Bewegungsentscheidungen zu treffen hätte.
Das gab mir die Hoffnung auf einen zuverlässigen Schwung und Schlag
und ein erfreuliches Spiel auf der Runde. Das Gegenteil war das
Resultat. Einfach und Richtig schließen sich beim Golfen offenbar
aus.
Heute erinnere ich mich nur noch schwach an jene wenigen Runden,
mit denen ich hoch zufrieden war, aber ich bin sicher, da habe ich so
einige Bewegungen unbewusst richtig gemacht, die ich in der Theorie
eigentlich unterlassen oder gar unterdrücken zu müssen glaubte. Und
nachdem ich diesen Fragen in der Übungs-Praxis auf den Grund
gegangen bin muss ich sagen: Die Gewichtsverlagerung ist, isoliert
betrachtet, eine feine Sache aber erlässlich. Die Neigung des
Rumpfes (WS) und das dazugehörige Kippen des Beckens aber ist auch
fein und dazu unerlässlich. Ja, diese Maßnahme
fällt entscheidend leichter ohne Gewichtsverschiebung und gelingt
mir entsprechend unproblematisch.
Ich habe (leider) nur einen
Körper und nur mit diesem kann ich Erfahrungen sammeln und
Experimente machen. Und mir ist klar, dass ich die dabei gewonnenen
Resultate nicht als allgemeingültige Erkenntnisse betrachten und
jedem anderen Golfkollegen überstülpen kann, wie es bei den meisten
Könnern und Lehrern üblich ist. Trotzdem gefällt mir die Hoffnung,
dass meine Sucherei den einen oder anderen von ihnen auf deren Suche
nach einem erfreulichen Golfschwung inspirieren kann.
Schluss für
heute.
Gut Holz an alle! Euer ThZ