Thomas Zacharias ©
Der Golfschlag ist motorisch nicht
komplizierter als irgendeine andere sportliche Bewegung. Der
einzige
Unterschied ist die erforderliche Präzision und damit verbunden
die
große Wahrscheinlichkeit von misslungenen Versuchen, also
Fehlschlägen. Es gelingt aber erstaunlich vielen Laien mit
äußerster
Präzision und entsprechender Zuverlässigkeit serienweise Fehlschläge
zu produzieren, die wegen eines ganz bestimmten, immer gleichen
Fehlers schlecht sind. Also ist Präzision hier nicht das Problem. Es
ist
die falsche Vorstellung von dem was biomechanisch erforderlich
ist,
um gute Schläge zu machen.
Man sucht die Fehler nicht da wo sie
stecken, weil man Richtig und Falsch gar nicht zu unterscheiden
weiß.
Golflehrer sind nicht in der Lage zu erklären, was man tun muss,
um
gute Schläge zu machen. Wenn es im Unterricht nicht klappen will,
dann meinen sie, der Schüler mache nicht was sie ihm sagen. Und
der
Schüler nimmt die Schuld auf sich, weil er nicht daran zweifelt,
dass ihm das Richtige gesagt wird. Er schämt sich noch für seine
Ungeschicklichkeit. Dabei ist das was er machen soll
technisch
falsch oder sogar biomechanisch unmöglich.
Richtig angeleitet könnten
unermesslich viele schlechte, unzufriedene Golfer gute und
glückliche
werden. Anstatt dessen trösten sie sich mit der Behauptung, der
Golfschlag sei schließlich die schwierigste sportliche Bewegung
die
es gibt.
Dabei haben sie andere Sportarten
selbst nie ausprobiert. Dann wüssten sie nämlich, dass sie auch
nicht schwungvoll am Reck in den Stütz gelangen oder am Barren
eine
Kippe, am Boden einen Salto oder an den Ringen einen Kreuzhang
machen
könnten. Auch nicht bei fehlerfreier Anleitung.
Ich habe im meinem Leben ungefähr
gleichviele Hochsprünge wie Golfschläge gemacht – mehrere hundert
tausend Stück. Und beim Hochsprung finde ich doppelt so viele
Fehler, die mir unterlaufen als beim Golfschlag. Nämlich 12
anstatt
6. Wenn ich alles richtig mache, schlage ich 220m weit und springe
220cm hoch (im besten Alter...). Jeder Fehler allein kostet 5.
Meistens führt ein Fehler aber zum nächsten. Und dann klappt bald
gar nichts mehr, und man muss von vorne anfangen, das erworbene
und
wieder verlorene Können abermals ganz von unten aufbauen.
Wenn ich mich damit trösten würde,
dass Golfschlag und Hochsprung ja ach so schwierig sind, und es
kein
Wunder ist, dass ich sie nicht beherrschen lerne, dann wäre ich
sicher kein Hochsprungweltrekordler geworden und wäre als Golfer
längst endgültig gescheitert. In meinem damals Gottlob noch sehr
praxisorientierten Sportstudium habe ich über ein Dutzend
Sportarten
intensiv (mindestens 2 Jahre lang) erlernen dürfen und dazu über
50
sport-technische Fertigkeiten erworben. Das meiste davon war
schwieriger als der Golfschlag. Ich hatte am Mainzer Sportinstitut
aber auch fantastische Lehrer, Meister ihres Fachs nicht nur in
ihrer
Praxis sondern mehr noch in der Theorie, also in Biomechanik,
Motorik
und Didaktik. Dieses Privileg ist natürlich nicht mein Verdienst.
Da
kann ich nur auf ewig danken.