31.01.2018

Instinkt und Einsicht beim Golfspielen

Thomas Zacharias ©

Eine Golflehre, deren Aussagen einem normalen Abiturienten nicht paradox erscheinen, ist mit Sicherheit falsch. Gerade weil man beim Golfschlag alles andersherum machen muss, als es der falsch informierte Verstand und der falsch programmierte Instinkt des unbegabten Sportlers vorgeben zu müssen glauben, ist es ja für Hobbyspieler so schwer, eine Technik zu entwickeln und zu erlernen, mit der anständige Schläge entstehen. Dazu kommen jede Menge Gerüchte darüber, was alles richtig und wichtig sei, so dass man sagen muss: Gutes Golf scheitert vor allem an einer Vielzahl falscher Informationen und Vorstellungen, die den irrenden Instinkt in seiner Irrfahrt mental bestätigen.

Der Instinkt will mit der rechten Hand zuschlagen und den Schlägerkopf dabei gezielt zum Ball führen. Und beides führt direkt und unausweichlich in den Misserfolg. Ebenso die instinktive Schufterei mit Beinen und Rumpf, wo viele unnötige, sinnlose, ja destruktive Kräfte generiert werden, und jede Menge weiterer technischer Fehler entstehen.

Eine Chance, den Golfschlag richtig zu erwerben, besteht daher nur, wenn man genau das Gegenteil von dem anstrebt, was man instinktiv machen würde. Man muss das Händegelenk richtig beugen und dann beim Durchschwung der Arme niemals strecken. Man darf sogar eine spontane Streckung, wie sie durch die Bewegung der Arme und durch den Schwung des Schlägers entsteht, auf gar keinen Fall erlauben. Im Gegenteil muss man dem Schlägerschwung (irrtümlich landläufig als Fliehkraft bezeichnet) entgegenwirken und ihn mit den Muskeln der Unterarme verhindern, also den Schlägerschwung zurückhalten, den Winkel im Händegelenk gerade dann stabilisieren, wo der Instinkt und die inneren Kräfte auf eine Streckung des Händegelenks drängen.


 
Die Muskeln an der Unterseite des Oberarms strecken das Handgelenk
und sorgen für den Fehler, zu früh kraftvoll zuzuschlagen. Die Muskeln an der
Oberseite halten diese Streckbewegung zurück und vermeiden "Falsches Schlagen".




Um das zu verstehen, muss man tiefer in die Gesetze der Mechanik einsteigen, als einem selbst geheuer ist. Man muss verstehen, dass der Abschwung der Arme sich unweigerlich auf die Bewegung des Schlägers überträgt. Und zwar unverzüglich, schon im Umschwung oder kurz danach, also viel zu früh, um dann noch richtig den Ball zu treffen.

Zudem ist die Streckkraft des Händegelenks aufgrund anatomischer Fakten am größten, wenn die rechte Hand noch um ca. 30° nach hinten gebeugt ist. Wenn man also das rechte Handgelenk streckt, bevor man den Ball trifft, ist die Schlagkraft schon verpufft. Und noch schwerer wiegt die Tatsache, dass diese Streckbewegung des Händegelenks als physikalisch gesetzmäßige Folge ein unmerkliches aber massives Abbremsen des Durchschwungs der Arme verursacht, also eine Verlangsamung der Hände vor dem Treffen des Balles.

Also: Selbst wenn die volle Streckung des Händegelenks eine Steigerung der Schlägerkopfgeschwindigkeit zur Folge hätte, würde dieser Zugewinn gleichzeitig wegen der Verlangsamung des Durchschwungs der Hände zu einem Verlust dieser Geschwindigkeit, also der Schlagkraft führen. Es würde für Hände, Schultern und Arme also eine sinnlose, ja schädliche Steigerung der Anstrengung bedeuten. Und wenn man das nicht durchschaut und immer weiter die ungenügende Schlagkraft durch Anstrengung zu erhöhen versucht, gerät man in einen Teufelskreis: Die Schläge werden immer schlechter und kürzer und die Anstrengung immer größer. Und der Ausweg aus dieser Sackgasse besteht ausschließlich darin, zu lernen was hier oben beschrieben steht: Mit gebeugtem Händegelenk durchschwingen und den Ball treffen, und dabei den Durchschwung der Arme und Hände in Richtung Ziel intensivieren.

Ein Golfgesetz lautet: Man schlägt umso weiter, je weniger der Armschwung über dem Ball an Tempo verliert. Und das hängt in erster Linie davon ab, dass das Händegelenk grundsätzlich und durch den Schwung hindurch gebeugt gehalten wird.

Eine schlimme Falle lauert beim Einnehmen des Winkels im Händegelenk: Der naive Instinkt sorgt dafür, dass die Unterarme die Hände so verdrehen, dass das Schlägerblatt sich öffnet, also aufdreht. Im Abschwung bleibt es dann leider geöffnet, weil kein Instinkt da ist, der dafür sorgte, dass es sich wieder schließt. Und schon wird der Ball mit dem Schaft (Socket) getroffen und schießt im rechten Winkel zur Ziellinie ins Unkraut. Dieser Katastrophe beugt man vor, indem man beim Setzen des Händewinkels das linke Handgelenk palmar, also zur Handfläche hin beugt, nicht dorsal, also zum Handrücken hin.

Durch das Halten des Winkels im Händegelenk entsteht auch eine andere Form von Finish. Man wickelt nicht mehr den rechten Arm um den Hals, um den Schläger bis zum Ende um den Körper herum schleudern zu lassen, sondern man bricht den Schwung ab, sobald der Schläger oder der rechte Arm die Waagerechte erreicht haben, und zieht dabei die beiden Ellbogen zur Brust heran. Am Ende der Bewegung steht der Schläger annähernd senkrecht vor einem und im Blick parallel zur (imaginären) Zielfahnenstange. Diese Form von Finish anzustreben, hilft einem auch wieder dabei, den Händewinkel im Durchschwung zu halten anstatt ihn loszulassen oder gar absichtlich zu strecken.

Schlimmer noch als falsche Instinkte sind falsche Anleitungen. Vor allem die, mit dem Gewicht hin und her zu wandern und tüchtig den Schultergürtel zu drehen. Wer solchen Behauptungen glaubt und folgt, verdirbt sich jede Chance auf einen zufriedenstellenden Golfschlag. Richtig ist, das Gewicht möglichst still zu halten, weder auf und ab noch hin und her zu wanken und den Schultergürtel überhaupt nicht mit Absicht zu drehen. Beim Ausholen mit dem linken Arm dreht sich der Schultergürtel automatisch nach rechts hinten. Und beim Abschwingen muss man dafür sorgen, dass die rechte Schulter nicht aktiv zum Ball dreht, sondern viel mehr hinter der Bewegung der Arme zurückbleibt, bis der Ball getroffen wurde. Eine „drängelnde rechte Schulter“ ist reines Gift und führt zu Kraftverlust, Richtungsverlust (Pull), Fehltreffern (Sockets). Der linke Arm kann nicht in Richtung Ziel gezogen werden, die Hände können nicht ungebremst über dem Ball durchschwingen, wenn der Rumpf, also vor allem der Schultergürtel, aktiv zum Ziel gedreht werden.

Diese Kräfte haben zur Folge, dass der linke Arm in der Ausholhaltung vor der Brust liegen bleibt und nicht zurück in die Ansprechhaltung und die entsprechende Impact-Haltung finden kann. Sein Schwung wird durch eine starke Rumpf-Rotation gebremst anstatt beschleunigt.

Man muss verstehen, dass die finale Schlägerkopfgeschwindigkeit nicht davon abhängt, wie schnell man Schultern und Arme dreht, sondern wie schnell der Winkel im Händegelenk zwischen 60 und 30° verkleinert wird, und wie wenig die falsche Aktion der Handgelenke (Unterarmmuskeln) zur Verlangsamung des Armschwungs beiträgt.
Es hat also auch keinen Sinn, den Schwung besonders schnell auszuführen und weit über den Treffmoment hinaus zu forcieren. Sinnvoller ist es, den Schwung des Schlägers und der Arme schon kurz vor der Waagerechten abzubremsen und nicht jeden Eisenschlag so auszuführen, als ginge es um einen Monsterdrive mit spektakulärem, überdrehtem Finish. Die Profis von heute zeigen uns doch, dass man mit ¾-Schwung jedes Par3 vom Tee aus einlochen kann.

Das Tragische für den minderbegabten Hobbygolfer ist, dass er all das verstanden, erlebt, erlernt und bis zur Übersättigung geübt haben kann, und sein Spiel trotzdem nicht besser wird. Das liegt daran, dass man die Instinkte nicht ausmerzen kann, weil sie angeboren sind. Man ist dazu verdammt, ein Leben lang damit beschäftigte zu sein, diese Instinkte und die dazugehörigen Gedanken mit bewussten Absichten zu bekämpfen, ja niederzukämpfen. Und deshalb wird nie das Ziel erreicht, dass man spontan und ohne zu denken zuverlässig gute Schläge macht, um sich endlich dem eigentlichen Golfspiel zuwenden zu können. Für 97% aller Golfer dieser Welt ist eine Golfrunde mithin selten mehr als der Versuch, möglichst viele technisch richtige Schläge zu machen und zu hoffen, dass der Ball schön lange und gerade auf der Ziellinie bleibt. Es kommt vor, dass dies über mehrere Spielbahnen hinweg gelingt. Dann kommt der verteufelte Gedanke auf: „Jetzt kann ich’s!“ Und schon ist der schöne Traum vorbei, und die schmerzlichen Fehlschläge häufen sich wieder, bis der übliche Durchschnitt der Mittelmäßigkeit wieder erreicht ist und sich erbarmungslos auf der Scorekarte niederschlägt.

Und so sind wir Minderbegabten gefangen in einer endlosen Achterbahnfahrt zwischen Hoffnung, Hochgefühl, Genugtuung und niederschmetternden Enttäuschung, katastrophalen Misserfolgen, Ärger, Frustration und Depression.

Wer mehr Begabung für die Ausführung sportlicher Techniken mitbringt, der kann sein Augenmerk auf feinere technische Details richten. Bei jeder Technik geht es ja darum, mit der vorhandenen Kraft die bestmögliche Endleistung zu erbringen. Für höhere Ansprüche reicht also nicht mehr die bloße Grobform.
Damit das Halten des Winkels im Händegelenk gelingt, muss man wahrnehmen, wie der Schläger oben im Umschwung weiter ausholt, während die Arme schon abschwingen. Man muss das nicht unterbinden sondern richtig managen, also nutzen. Das spontane Zurückbleiben des Schlägers hilft uns ja nicht nur dabei, den Winkel im Abschwung zu halten, sondern ihn im richtigen Moment, am richtigen Ort kraftvoll von 90 über 60 nach 30 Grad zu öffnen und dadurch in der richtigen Stellung Druck auf den Schaft und damit auf Schlägerkopf und Ball auszuüben. Und das ist mehr als ein bloßes Schwingen. Es ist Schlagen – aber richtig. Wir erlauben also, dass der Schläger weiter zurück schwingt und zusätzliche Spannung in Unterarmen und Handgelenken erzeugt – wohltuender, sinnvoller Stress, der den ganzen Schlag dynamischer macht und dafür sorgt, dass der Ball wirklich erst getroffen wird, wenn die Hände über den Ball hinweg geschwungen sind. Und all dies wohlgemerkt während die rechte Hand mittels der obenliegenden Unterarmmuskeln das Vorschnellen des Schlägers dezidiert zurückhält.
Gute Golfer machen das alle spontan gleich und merken nichts davon, und so wissen sie nichts von den Sorgen der Hobbyisten, und können ihnen auch nichts Hilfreiches beibringen. Sie können uns zeigen, wie man Bach oder Chopin spielt, aber wir können ja nicht einmal das Hänschen-Klein klimpern.

Einem hochbegabten Sportler können Techniken gar nicht kompliziert genug sein. Man bestaune die Geräteturner und die Eiskunstläufer. Aber wenn die Technik nur Mittel zum Zweck ist, nämlich einem Golfball eine bestimmte Flugbahn aufzuzwingen, nicht den lieben Mitmenschen die imposante Eleganz der eigenen Schlagbewegung vorzuführen, dann sollte man in jedem Fall eine Technik wählen, die möglichst einfach auszuführen ist und keine Elemente enthält, die einen motorisch und mental an die die eigenen Grenzen führen oder gar überfordern. Man darf aber auch nicht glauben, dass es einfacher geht, als die Gesetze der Physik und Mechanik es erfordern. Es hilft natürlich, diese zu kennen und zu verstehen, um mit Überzeugung und Entschlossenheit ans Werk zu gehen und sich die Fehler die einem dabei unterlaufen zu erkennen und zu korrigieren. Man sollte sich daher dieses Studium nicht ersparen wollen, nur aus Angst sich zu verzetteln. Das gehört mit zu der großen Herausforderung, richtig Golfen zu lernen.

1 Kommentar:

  1. Sehr informativer Beitrag finde ich... Es geht halt nichts über die richitge Technik... In einem Wellnesshotel in Meran in dem ich war habe ich mein erstes Mal Golf gespielt und die Basics gelernt darum bin ich immer froh über dezidierte Tipps:)

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