15.07.2011

Biomechanik der linken Hand

Thomas Zacharias ©

Nachdem ich das Gesetz des Richtigen Schlagens entdeckt, erfolgreich erprobt und plausibel beschrieben hatte, war ich doch noch einige Jahre dem Irrtum aufgesessen, es sei egal was die Linke tut, Hauptsache sie greift richtig und die Rechte handelt richtig. Entsprechend unsicher waren meine Schläge, sodass ich erschreckend oft am Rande der Verzweiflung war.
Diese Dinge kann man eben auch nicht in Zeitlupe sehen. Schon gar nicht, solange man nicht ahnt, wo das Problem überhaupt sitzen könnte.

Es saß am Ende in der Anatomie des linken Handgelenkes und seiner Stellung zu Haltung und Verhalten der Rechten. Und nur wenn man das wirklich durchschaut, kann man das Richtige Schlagen zur Vollendung bringen. (Vollendung ist nicht Perfektion. Die nennt man auf Deutsch Vollkommenheit. Vollendung heißt nur, dass im günstigsten Fall tatsächlich alles gelingt, weil man wirklich weiß wie es geht und es richtig geübt und ausgeführt hat.)

Meine Annahme war also: Wenn die Rechte alles richtig macht, muss die Linke sich nur anpassen. Der Fehler lag in dem Wörtchen „nur“, denn sie tut sich weit schwerer damit, als man ahnen möchte. Und wenn sie es nicht schafft, dann führt sie die Rechte zu falschem Handeln, und RS wird annähernd unmöglich.

Halten Sie einmal ihre beiden Hände so vor die Brust, wie sie es von Dürer oder vom katholischen Beten her kennen. Jetzt lassen sie die Rechte an ihrem Platz und nehmen die Linke etwas zur Seite, drehen sie um 90 Grad, sodass der Handrücken oben ist und der Daumen darunter verschwindet, und dann legen Sie die flache Linke, jetzt quer liegend, an die rechte Handfläche, mit dem linken Zeigefinger parallel zu deren Mittelfinger. Jetzt liegen die Handflächen um 90 Grad zueinander verkantet. Und das entspricht ihrer Stellung beim richtigen Golfgriff.

Das kleine Experiment beginnt aber erst jetzt:
Beobachten Sie, was passiert, wenn sich die Rechte dorsal (nach hinten) beugt: Die Linke beugt sich radial zum Daumen hin, zur Speiche (radius).
Und diese Beugung ist nicht nur sehr begrenzt sondern auch entsprechend unbequem.  Forciert man diese Beugung, so können Schmerzen entstehen – derart ungewohnte Belastungen der Sehnen und Gelenke, dass beim Ungeübten Entzündungen und Muskelverhärtungen drohen.
Um den ungewohnt unbequemen Spannungen auszuweichen, neigt das linke Handgelenk nun unbemerkt dazu, dorsal (also zum Handrücken hin) nachzugeben, also die Beugung zu verschieben.
Machen Sie das einmal und Sie werden sehen, dass sich nun das rechte, dorsal gebeugte Handgelenk im Sinne einer Pronation (Rotation einwärts) verdrehen muss.
Dadurch kann der Schlägerschaft die Schwungebene verlassen und oben nach rechts am Ziel vorbei zeigen. (Fachsprache nach O.Heuler: Kreuzen) Und dies wiederum kann ein Verfehlen des erwünschten Schwungweges verursachen.
Aber auch die Steuerung der Steckkraft der rechten Hand ist nun gestört.
Und ebenso die Steuerung der Schlagflächenstellung entsprechend der Stellung der linken Hand.
Beides muss irgendwann vor dem Impakt berichtigt werden. Sonst wirkt der Druck der rechten Hand während des Abschwungs vom Körper weg (Socketgefahr), und das Schlägerblatt gelangt offen an den Ball (Socket- und Slicegefahr)!

Die einfachste, technische Lösung all das zu vermeiden ist natürlich die, den linken Handrücken konstant plan zu halten, also das Gelenk ausschließlich radial zu beugen. Und dies erfordert eine anatomische und physiologische Anpassung, die beim Spätanfänger Wochen, ja Monate dauern und in eine komplizierte orthopädische Erkrankung führen kann.
Die Alternative ist die, ein bisschen, nicht zu viel, dorsales Nachgeben im linken Handgelenk zu erlauben und es mit einem entsprechend stärkeren* Greifen auszugleichen (*Linke Hand greift so, dass das Schlägerblatt geschossener ist.) Man mogelt sich also irgendwie durch.
Bleibt die professionelle Variante: Wenn die Rechte mal kapiert hat, dass sie im Abschwung gebeugt bleiben muss und sich nicht mutwillig strecken darf, dann kann man auch, wie die Könner es machen und immer berichten, mit links aktiv steuern und schlagen lernen. Ich gebe also oben bequem dorsal nach und besorge die gerade Ausrichtung im Laufe des Abschwungs, indem ich den Handrücken mit begradigtem Gelenk in Zielrichtung wende.

Der Weg zum RS hat also 3 Klippen:
Körper Stillhalten,  rechte Hand bändigen,  linke Hand anpassen.
Der Körper braucht Ruhe im Kopf. Die Rechte braucht Selbstbeherrschung, und die Linke braucht Geduld. Alle brauchen Wissen und Entschlossenheit.

Nochmal zur Bequemlichkeit der Linken: Beim klassischen Ansprechen ist das linke Handgelenk extrem ungemütlich dorsal gebeugt. Es soll aber beim Durchschwingen plan gehalten werden. Warum also nicht gleich plan und bequem Ansprechen?  
Ich weiß es nicht. Also mach ich es so. Dabei kann das Schlägerblatt sogar auffällig weit zugedreht am Ball stehen. Ich mach mir da nichts draus, schwinge zuversichtlich durch und siehe da: Der Schlag ist lang, hoch und gerade – um nicht „perfekt“ zu sagen.

Versuchen und berichten!

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