24.08.2020

6. Todsünde im Golfunterricht – Falsche & zu viel Gewichtsverlagerung

Thomas Zacharias ©

Alle Golfexperte beteuern, dass das Verschieben des Körpergewichts während des Schlages (Ab- und Durchschwung) vom rechten auf den linken Fuß (beim Rechtshänder) technisch unerlässlich ist, und bewusst ausgeführt, also erlernt/gelehrt werden muss. Leider haben sie sich bei dieser Feststellung von Wissenschaftlern ins Bockshorn jagen lassen, weil diese die Druckmessungen unter den Füßen der Golfer biomechanisch falsch interpretiert haben. Das kommt dem Irrtum gleich, der entstand, als man den Eisengehalt von Spinat zehnmal höher als real bezifferte, weil aus Versehen das Komma um eine Stelle verrutscht war. Schlimmer! Die Bilder der gemessenen Bewegung widersprechen eindeutig der Interpretation der Messwerte und ihrer Kurven. Man hat also versäumt, diese Dokumente gegeneinander abzugleichen.

In Wahrheit tut der gute Golfer alles, um seine Körpermasse stillzuhalten und nur Drehbewegungen zu erzeugen. Ein sehr geringes Wandern des Körperschwerpunktes beim Ausholen ist zwar tolerabel und unvermeidbar aber nicht notwendig. Zwar erhöht sich beim Könner der Druck unter dem linken Fuß (beim Rechtshänder) zum Finish hin deutlich (und lässt der Druck unter dem rechten Fuß deutlich nach). Aber diese Veränderung zeigt keinesfalls an, dass die Körpermasse vom einem auf den anderen Fuß gewandert ist.
Im Gegenteil! Der erhöhte Druck entsteht eben gerade, weil der Spieler sich mit dem linken Bein dagegen stemmt, seine Körpermasse vom rechten Bein zum Ziel schieben zu lassen und von der Wucht des Schlägers in Richtung Ziel gezogen zu werden. Seine Absicht ist vielmehr, trotz großer Schlagwucht im Gleichgewicht zu verharren. Und dazu muss er seine Körpermasse gefühlt sogar vom Ziel weg bewegen. Durch dieses vom Ziel Wegstemmen entsteht der Druck unter dem linken Fuß – nicht durch das Wandern der Körpermasse in Richtung Ziel.

Warum, nun, ist es wichtig, dass man nicht mit dem Körper durch den Schwung „wandert“, sondern seine Körpermasse über der Mitte im Gleichgewicht hält? Es ist wichtig, ja entscheidend, gleich aus mehreren (mindestens 3) Gründen.

1. Aus geometrischen Gründen muss die linke Schulter sich genau über dem tiefsten Punkt des Durchschwungs befinden. Nicht rechts davon und schon gar nicht links davon. Der tiefste Punkt liegt aber immer, also bei jedem Schläger, mehr oder weniger weit rechts vor dem linken Fuß. Also muss auch die linke Schulter sich beim Treffen des Balles rechts vom linken Fuß befinden. Und wenn die linke Schulter sich über oder gar rechts vom linken Fuß befindet, dann trifft dies auf die Masse des Körpers und ihren Mittelpunkt (Körperschwerpunkt) ja erst recht zu. 

Hier drei Superspieler in der Impact-Haltung. Der Kopf befindet sich weit rechts hinter der Balllage, und Körper mittig zwischen den Füßen. Das Becken ist etwas nach links geschoben, der Rumpf etwas nach rechts gekippt.

 

Leider werden Golfschüler nur selten und wenn dann zu spät darüber aufgeklärt, dass der Schlägerkopf zuerst den Ball und dann erst den Boden treffen muss – außer bei Hölzern vom Tee. Wenn das dann mal erkannt worden ist, stellt sich immer heraus, dass dies dem Dilettanten (wegen falschem Verhalten der Hände) gar nicht anders möglich ist, als dadurch, dass er sich mit der Körpermasse in Richtung Ziel bewegt, bzw. sich mit dem Rumpf in Richtung Ziel lehnt, neigt. Dabei aber wandert eben die linke Schulter zum Ziel, also vor den tiefsten Punkt des Schlägerkopf-Weges. Und das hat fatale Folgen.

2. Erst im tiefsten Punkt des Schlägerkopfweges bilden linker Arm und Schlägerschaft eine Linie, ist also das linke Handgelenk gestreckt. Getroffen wird der Ball kurz vor dieser Stellung, wenn also der Winkel zwischen Arm und Schaft noch leicht gebeugt ist. Wenn jetzt aber die linke Schulter sich vor dem tiefsten Punkt befindet, dann zeigt der linke Arm nicht direkt nach unten sondern leicht nach hinten, also nach rechts. Oder der Arm zeigt nach unten, aber dann zeigt der Schlägerschaft zu weit nach rechts. Und das bedeutet beides: Der Schlägerkopf trifft viel zu steil von oben auf den Ball. Das Schlägerblatt steht dann entsprechend steiler und der Schlägerkopf gräbt sich viel zu tief in den Boden und kommt erst viel weiter rechts wieder nach oben heraus. Um das auszugleichen, müsste der Schläger von den Händen weiter nach vorne gedrückt werden, so dass die linke Hand dorsal zum Ziel hin gebeugt werden würde. Und zusätzlich müssten die Ellbogen gebeugt werden oder die Knie gestreckt, die Schultern hochgezogen, damit der Schlägerkopf nicht ganz im Boden hängenbleibt. Und mit all dem ist der Schlag definitiv schwach und krumm, also verdorben.

Wenn die Körpermasse vor dem Treffen des Balles zum Ziel wandert, befindet sie sich vor dem Ball. Und so können Beine und Rumpf nicht so viel zur Beschleunigung des Schlägerkopfes beitragen. Das geht nämlich am besten, wenn sie nicht am Schläger ziehen müssen sondern zum Ziel drücken können, wenn also Arme und Schläger unter der Masse nach vorne durchschwingen und die Masse selber sich dabei sogar etwas in die Gegenrichtung bewegt, also zumindest stabilisiert wird. Nur dadurch nämlich können Masse, Beine und Rumpf auch die zentralen Haltekräfte (zentripetal) erzeugen, die für die ominöse Zentrifugalkraft sorgt, welche entscheidend zur Schlägerkopf-Beschleunigung beiträgt. Und dies alles geschieht eben, wenn der Angelpunkt der Drehbewegung zwischen den Schulterblättern stabil gehalten wird.

Man stelle sich vor, Kirchtürme würden beim Schwingen der Glocken nur ein klein wenig nachgeben: Die Wucht der Glockenmassen würden die Türme ganz schnell zum Umfallen bringen. Also: Ohne eine hochstabile Achse, um welche Arme und Schultern gedreht werden, kann der Schläger nicht hochschnell zum Ball gedrückt werden. Und für dieses Verhalten ist wiederum das Stillhalten des Kopfes höchst hilfreich. Wenn die Körpermasse beim Könner überhaupt auf das linke Bein wandert, also über dessen Fuß, dann erst lange nach dem Treffmoment. Dann darf der Körper der Wucht des Schlägers gerne nachgeben und sich von ihr in Richtung Ziel ziehen lassen. 

 

 Der Körperschwerpunkt ist auch im Finish noch zwischen den Füßen.

 

Kurz: Golfschüler dazu anzuhalten, die Körpermasse während des Schlages recht tüchtig hin und her zu schieben, Kopf und Schultern hin und her zu bewegen und den Rumpf vom Ziel weg und wieder hin zu neigen, ist eine Todsünde. Und sie begünstigt einige andere Fehler. Zunächst aber zur schlimmsten aller Golfunterrichts-Sünden.

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